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Erfolgreicher Auftaktworkshop des CSR-Kompetenzzentrums Textil & Bekleidung Niederrhein

Wo drückt der Schuh?


Dass es sich bei der Frage „Wo drückt der Schuh?“ im Zusammenhang mit erfolgreichem Business in der Textil- und Bekleidungswirtschaft um ein komplexes Thema handelt, war den Veranstaltern des 1. Workshops des CSR-Kompetenzzentrums im Vorfeld bewusst. Dass der Bedarf nach Austausch, Gesprächen und Anregungen so intensiv genutzt wurde, dass die meisten Teilnehmende trotz bevorstehenden Champions League-Spiels der Borussia noch eine Stunde länger blieben als geplant, war konstruktiv und sehr erfreulich.

Am 28.09.2016 fanden sich auf Einladung des CSR-Kompetenzzentrums Textil & Bekleidung Niederrhein im NEW Blauhaus ca.30 Teilnehmende aus der Textil- und Bekleidungswirtschaft zusammen, um sich der Frage „Wo drückt der Schuh?“ zu widmen. Zielsetzung des Workshops war zunächst die Vorstellung der geplanten Inhalte und Methoden, mit denen das CSR-Kompetenzzentrum in den nächsten Monaten das Themenfeld angehen möchte. Aus dem Austausch mit den Unternehmern wurde die Priorisierung der Inhalte entwickelt und damit die nächsten Schritte und Aktionen festgelegt.

Zur Einstimmung in das Thema hielt Tom Veltmann, Dozent und Berater zur Markenpositionierung einen eindrucksvollen Impulsvortrag, wie unausweichlich die Themen Nachhaltigkeit und CSR auf die Textilindustrie zurollen. Weltweit steigender Bedarf an Textilien, zunehmende Verschmutzung durch Chemikalien und Ausrüstungsverfahren, unwürdige Arbeitsbedingungen stehen gleichzeitig steigenden Forderungen nach Verringerung des CO²-Ausstoß, Anforderungen der Verbraucher nach Detox-Kampagnen und fairen, transparenten Lieferketten gegenüber. Aber wie ist die richtige Reaktion der Unternehmen auf diese Herausforderung? Ist es sinnvoll, diese Themen mit Kunden und Stakeholdern zu kommunizieren? Kann CSR als Markenmehrwert verstanden werden und sogar als Geschäftsmodell neue Märkte öffnen? Was bedeutet CSR, wenn man es aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet; z.B. als Themenmanagement, als Beziehungsmanagement oder als Markenmanagement?

Mit solchen Denkanstößen wurden die Teilnehmer in die erste Diskussionsrunde des Workshops entlassen. Die Fragen und Anmerkungen der Unternehmer zeigten übereinstimmend, dass vieles aus unternehmerischer Verantwortung bereits getan wird, aber nicht als CSR-relevante Maßnahmen verstanden und nach außen kommuniziert wird. So werden z.B. Investitionen in Solaranlagen gewinnbringend getätigt, aber nicht als Maßnahme im Sinne einer nachhaltigen Nutzung herausgestellt, sondern als unternehmerisches Handeln angesehen. Besonders Maßnahmen aus den Themenfeldern Umwelt und Personalmanagement werden von den Unternehmen aus einem unternehmerischen Selbstverständnis heraus umgesetzt, mit welchem man nicht explizit „werben“ möchte. Hieraus ergibt sich die Aufgabe für zukünftige Überlegungen, ob und wie das bei den Unternehmen bereits vorhandene Selbstverständnis gesellschaftlicher Verantwortung auf andere Geschäftsfelder übertragen und systematisch als eine Gesamtstrategie der Unternehmen weiterentwickelt werden kann.

Es wurde ebenfalls darüber diskutiert, ob eine verpflichtende Compliance-Erklärung ähnlich wie die Angabe eines Impressums eine sinnvolle Maßnahme sei. Da diese aber nur die Bereitschaft widerspiegelt, die gesetzlichen Vorgaben verpflichtend einzuhalten, ist diese Compliance-Erklärung eine eher niederschwellige Vorgabe und mittlerweile eigentlich Standard.

Prof. Dr. Gerhard Schewe von der Forschungsstelle für allgemeine und textile Marktwirtschaft an der Universität Münster stellte im Rahmen der 2. Diskussionsrunde zunächst die Inhalte des CSR-Managements vor, welche nach den ersten Befragungen der Unternehmen mit einem Fazit versehen werden können (Vortrag Prof. Dr. Schewe).

Bei den Teilnehmern bestand Konsens darüber, dass alle Maßnahmen letztlich nur unter Einbeziehung des Handels und der Verbraucher ökonomisch sinnvoll umsetzbar sind. Mit der für 2017 geplanten Verbraucherstudie und spezifischen Angeboten wird das CSR-Kompetenzzentrums diese Anregung aufgreifen und sowohl den Handel als auch die Verbraucher mit einbeziehen. Bisher vorliegende Kundenbefragungen zeigen ein gesteigertes Interesse der Kunden an einer transparenten Lieferkette und nachhaltigen Produkten, aber letztlich entscheidet dann doch am POS der Preis über die Kaufentscheidung. Noch! Alle Studien zeigen, dass sich das Kaufverhalten bei gewissen Käufergruppen ändern wird, die hier eine Vorreiterrolle einnehmen werden und der Handel ist bisher in vielen Fällen nur unzureichend darauf ausgerichtet.

Gleiches gilt für die gesetzlichen Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, welche ab 2017 für die größeren Unternehmen verpflichtend sein wird. Diese Berichtserstattungspflicht wird Auswirkungen auf die kleineren Unternehmen innerhalb der Lieferkette haben, die aber größtenteils nicht auf diese gesetzlichen Vorgaben vorbereitet sind. Auch hierzu wird es im kommenden Jahr spezielle Angebote des Kompetenzzentrums geben.

Prof. Dr. Martin Wenke stellte im dritten Teil der Veranstaltung die Methoden vor, mit welchen das CSR-Kompetenzzentrum die Ziele des Projektes erreichen möchte. Hierzu zählen empirische  Untersuchungen zur aktuellen Umsetzungspraxis in den Unternehmen, die Vorstellung von Best Practice-Beispielen und die Erfassung und Aufbereitung von Business Cases. Der Business Case ist dabei wie ein Kompass zu verstehen, der den Unternehmen bei unterschiedlich möglichen Ausprägungen gesellschaftlicher Verantwortung Orientierung hinsichtlich potenzieller Ansatzpunkte, Umsetzungsintensitäten und zu erwartenden Kosten-Nutzen-Verhältnissen geben soll. „Die systematische Ausrichtung in Richtung CSR ist hierbei wie eine Investitionsentscheidung zu interpretieren, nur dass es häufig nicht zuallererst um den Erwerb einer neuen Anlage geht, sondern um den Aufbau bzw. die Stärkung unternehmensbezogener Netzwerke mit Kunden, Zulieferern, den Mitarbeitern und anderen relevanten Gruppen. Ein verlässliches und vertrauensvolles Unternehmensumfeld erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass CSR-Projekte am Ende auch positive Investitionsrenditen erwirtschaften“. Gegen Ende des Projektes sollen entsprechende Handlungshilfen und Checklisten herausgegeben werden, die Hilfestellung bei der Implementierung von CSR-Maßnahmen im Unternehmen anbieten (Vortrag Prof. Dr. Wenke).

Anhand unmittelbar ausgewerteter Fragebögen kristallisierten sich im Verlauf des Workshops schnell die prioritären Themenpunkte heraus. Anhand der Ergebnisse schlug Prof. Dr. Monika Eigenstetter den weiteren Fahrplan in Form von Themenschwerpunkten und Aufgabenpaketen für die kommenden Veranstaltungen vor. vier von acht vorgeschlagenen Themen wurden von der Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Abstimmung als besonders interessant bewertet, die in zwei Themenfelder zusammengefasst wurden

  1. Wie kann CSR als Kommunikations- und Marketingstrategie eingesetzt werden, sowohl branchenweit, als auch bezogen auf einzelne Unternehmen? Wie kann ein Markenmanagement unter CSR-Aspekten aufgebaut werden und welche Rolle spielen Siegel und Standards bei der Glaubwürdigkeit? Wie sieht das Kundenverhalten sowohl im B2B als auch im B2C-Bereich? Sind Kunden bei einer sauberen Argumentationskette bereit, Mehrkosten zu akzeptieren? Kann sich CSR als erweiterter Qualitätsbegriff durchsetzen?
  2. Wie hoch ist der Aufwand an Ressourcen und Kosten für die Unternehmen, besonders für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die keine eigenen CSR-Abteilungen unterhalten können? Wie lassen Transparenz für die Kunden und Endverbraucher glaubhaft sicherstellen? Kann dabei die zunehmende Digitalisierung zu einer positiven Entwicklung und neuen Geschäftsfeldern beitragen?

Auf Grundlage dieser Themenpaketen wird das CSR-Kompetenzzentrum die nächsten Workshops vorbereiten und zeitnah anbieten. Der Kreis der Teilnehmenden soll wachsen und vor allem die Mitwirkung weiterer Vertreterinnen und Vertreter der kleinen und mittelständischen Unternehmen sind uns wichtig. Gerne nehmen wir jederzeit Vorschläge und Anregungen entgegen.

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